Eun-Me Ahn
North Korea Dance (Film)
Goldene Uniformen glänzen, Kostüme schillern, verbreiten Revue-Glanz. Gut gelaunt werfen sich die Tänzer*innen in militärischen Paradeschritt, gleiten im traditionellen Hanbok, der südkoreanischen Tracht, anmutig über die Bühne oder rahmen die Solo-Auftritte der fantastischen Eun-Me Ahn als traditionelle spirituelle Figur oder populäre Sängerin im Abendkleid. Das auf Versatzstücken von nordkoreanischen Volkstänzen basierende Stück North Korea Dance thematisiert Teilung und Propaganda, gemeinsames kulturelles Erbe und unterschiedliche politische wie gesellschaftliche Ausprägungen als schrille Nummernrevue starker Bilder und überraschend leiser Momente. „Alle zusammen“ lautet übersetzt zum Schluss der Schriftzug auf dem Bühnenhintergrund.
Über 60 Jahre ist Korea in Nord und Süd geteilt. Vom Süden aus die Grenze zum diktatorisch regierten Norden zu übertreten ist kaum möglich. Also recherchierte die südkoreanische Tänzerin und Choreografin für North Korea Dance im Internet Videos von Militärparaden und Fächer-Tänzen, von viriler Athletik und bunter Folklore des nordkoreanischen Nachbarn. Eun-Me Ahn und ihre Tänzer*innen verwandeln sich die – trotz gemeinsamer Wurzeln – fremden Tänze an, verfremden sie mit dem für die Kompanie typisch exzentrischen Twist. Eun-Me Ahn ist mit schamanistischen Exerzitien und dem harten Tanztraining in ihrer südkoreanischen Heimat groß geworden, bevor sie für mehrere Jahre nach New York ging, um an der Tisch School of the Arts ihr Studium fortzusetzen. Mit ihren extravaganten Stücken reüssierte sie in Europa, freundete sich mit Pina Bausch an, die sie mehrfach zu ihrem Tanzfestival einlud. Eun-Me Ahn kann laut und schrill sein, zugleich transportieren ihre Werke immer auch eine sehr ernsthafte Dimension. Sie reflektieren gesellschaftliche Zwänge und feiern individuelle Befreiung – allerdings ohne je das eigene Erbe aufzugeben. Sie vereinigen südkoreanische Tradition und popkulturelle Ästhetik.
Ein Gespräch zwischen Eun-Me Ahn aus Korea und der künstlerischen Leiterin von DANCE, Nina Hümpel, ergänzt die Filmvorführung des 2018 entstandenen Stücks.